n dieser Kolumne wollen wir regelmäßig mit euch Bücher, Filme oder Themen teilen, die wir im alma mundi Team diskutieren und als Ergänzung unserer Arbeit sehen.
Aktuell:
- Buch: Klimapsychologie – Atmosphärisches Bewusstsein als Weg aus der Klimakrise, Stefan Ruf
- DVD & Streaming: Wildes Denken – Europa im Dialog mit spirituellen Kulturen der Welt, Rüdiger Sünner
- Buch & Hörbuch: Fühlen, was die Welt fühlt; Die Bedeutung der Empathie für das Überleben von Menschheit und Natur, Joachim Bauer
Klimapsychologie – Atmosphärisches Bewusstsein als Weg aus der Klimakrise
Stefan Ruf
1. Auflage 2019, 280 Seiten, Info3 Verlag, € 19,90, ISBN 978-3-95779-109-2
„Wir müssen zu einem sphärischen Empfinden, Fühlen und Denken in uns finden, das in der Lage ist, das komplexe atmosphärische Geschehen außer uns lebendig abzubilden und in eine Beziehung mit ihm zu treten“. – Stefan Ruf
Die Bedrohung durch den Klimawandel liegt offen vor uns, die entscheidenden Fakten sind bekannt, das Pariser Klimaabkommen ist unterzeichnet. Warum schaffen wir es trotzdem nicht, die nötigen Konsequenzen für unser Verhalten zu ziehen? Weil wir mit unserem Bewusstsein zutiefst verstrickt sind in das Paradigma der Moderne, das die Klimakrise hervorgebracht hat, sagt Stefan Ruf.
Durch die Entwicklung eines Bewusstseins der menschheitlichen Krise, überwinden wir diese. Die Bewusstseinsevolution mündet Ruf zufolge in einem atmosphärischen Bewusstsein, das ein neues, partnerschaftliches Verhältnis von Natur und Kultur ermöglichen soll. Ruf diagnostiziert eine kollektive Psychose in Anbetracht der Tatsache, dass wir angesichts eines lichterloh brennenden Hauses buchstäblich “business as usual“ betreiben. Für die neue Partnerschaft zwischen Natur und Kultur prognostiziert er denn auch deutlich stürmischere Zeiten als die Menschheit sie in den letzten Jahrtausenden zu durchleben hatte. Und dennoch ist er optimistisch, weil seiner Meinung nach irgendetwas in unserer Entwicklung über das natürlich Zyklische hinaus hin zu einem Geistigen will, das Zyklisches und Linear-Dynamisches verbindet.
Kommentar zum Buch vom alma mundi Team: Der Autor Stefan Ruf ist Facharzt für Psychosomatik/Psychotherapie und therapeutischer Leiter einer Einrichtung für Jugendliche in Potsdam. In diesem Buch blättert er sehr genau auf, warum wir in diese Krisenzeit hineingeraten sind. Gleichzeitig erklärt er die verschiedenen Bewusstseinsepochen anhand von Jean Gebsers kulturgeschichtlichen, philosophischen Ansatz. In der Geokultur sind wir mit diesem Ansatz vertraut: Wir lehren ihn in unseren Kursen und Ausbildungen als Grundlage eines vertieften Verständnisses von Wahrnehmungsebenen und des gesamtgesellschaftlichen Kontextes, in dem wir uns befinden. Zudem entwickelt Ruf einen Ansatz, eine Vision, wie wir als Mensch und Gesellschaft in die integrale Bewusstseinsstufe hineinwachsen können. Das Buch ist ein spannender, ganzheitlicher Ansatz um das Thema „Klimawandlung“ noch mal neu zu denken und zu spüren. Eben nicht als ein von uns getrennter Vorgang, sondern als die Chance zum Übergang in ein „atmosphärisches Bewusstsein“.
– Europa im Dialog mit spirituellen Kulturen der Welt
Rüdiger Sünner
ISBN: 978-3-8488-4076-2, DVD Länge: 108 Min, € 14,90, absolut MEDIEN
„Mythische Weltbilder werden nicht als rückständig oder defizitär angesehen, sondern als Systeme alternativer Lebensformen respektiert. Aber in unserem Alltag sieht es so aus: Begriffe wie, Mythos, Übersinnlich, Geister, Magie sind – vor allen in Deutschland- mit einer Zwielichtigen Aura versehen und werden eigentlich nur in esoterischen Privatnischen geduldet“.
Das “wilde Denken” indigener Kulturen sieht – nach der Analyse des Ethnologen Claude Lévi-Strauss – eher fließende Übergänge zwischen Mensch und Natur, Alltag und Geisterwelt, Leben und Tod. Der Film versucht, diese andere Weltsicht mithilfe von Masken, Kultobjekten, Ritualen und ethnographischem Filmmaterial aus Amerika, Afrika, Asien, Sibirien und der Südsee anschaulich zu machen.
Doch auch Europa kannte über Jahrtausende solche mythologischen und animistischen Traditionen, was etwa über die Höhlenkunst der Eiszeit, die Kelten oder den Naturbezug der Mystiker und Romantiker verdeutlicht werden kann. Der Film fragt auch, wie die Formen des „wilden Denkens“ gerade heute – im Zeitalter von Naturzerstörung und ökonomischem „Steigerungszwang“ (Hartmut Rosa) – unseren geistigen Horizont erweitern könnten.
Kommentar zur DVD vom alma mundi Team: Der Filmemacher und Autor Rüdiger Sünner ist in der Geomantie-Szene kein Unbekannter. Neben Publikationen in diversen Zeitschriften und seinen Büchern wie „Totenschiff und Sternenschloss – Reisen zu mythischen Orten Europas“ (Drachen Verlag, 2008), sind es vor allem seine Dokumentarfilme, die einem breiten Publikum spirituelle Themen nahebringen. Dies meist im Kontext von spannenden Biografien (C.G. Jung, Rilke, Steiner, Celan, u.v.m.) oder der wichtigen Aufarbeitung von historischen Brennpunkten, wie die Rolle von Spiritualität und Okkultismus beim Aufstieg der Nazis („Die schwarze Sonne“).
Nun ist also Sünners neuer Film erschienen. In „Wildes Denken“ zeigt er auf, wie die Welt im Animismus diverser naturverbundener Kulturen erlebt wird. Ist die Welt erst beseelt, verändert sich nicht nur unser Denken, sondern unser ganzes Sein und Handeln. Beispiele aus aller Welt machen deutlich, wie sehr sich unsere westliche Gesellschaft von diesen lebensbejahenden Erfahrungen distanziert hat. Sünner verpackt dies in eindrucksvollen Bildern und stilistischen Zäsuren: Kaum ist der Zuschauer erfüllt von dem seelischen Reichtum der Riten, Naturbilder und Klängen, schneidet der Filmemacher von jetzt auf gleich in die überfüllten, hektischen und trostlos wirkenden Straßen Berlins. So wird für den Zuschauer auch emotional erlebbar, wie sehr uns archaische Mythen, Riten und Natur-Initiationen seelisch erfüllen – und wie sehr sie uns gesamtgesellschaftlich fehlen. Dabei ist die zeitgemäße Re-Integrierung des wilden Denkens eine der wichtigen Aufgaben unserer Zeit und eines der Hauptanliegen der Geokultur, wie wir sie lehren. Empfehlenswerter Film!
Fühlen, was die Welt fühlt: Die Bedeutung der Empathie für das Überleben von Menschheit und Natur
Joachim Bauer
1. Auflage November 2020, ISBN: 978-3-89667-690-0, 22,00 €
„Die Beziehung des nicht sesshaften Menschen zur Natur, beschränkte sich nicht nur auf Lebewesen – Landschaft, Berge, Täler, Wasserläufe und Seen, waren – genauso wie Tiere und Pflanzen- Elemente einer ganzheitlichen, holistischen Welt, als deren Teil sich der Mensch empfand“.
Die Welt ist im Wandel. Ereignisse wie die Corona-Pandemie, nur ein Aspekt einer größeren ökologischen Krise, führen uns die Verletzlichkeit des Menschen vor Augen und machen Angst. Sie lassen uns aber auch Zusammenhalt spüren, die tief verankerte Sozialität des Menschen. Wir nennen dieses Gefühl Empathie. Sie ist der Kern unseres Wesens und einer Kultur der Gemeinschaft. In seinem neuen Buch erläutert der Wissenschaftler Joachim Bauer, wie die Empathie in uns angelegt ist und warum sie die Lösung gesellschaftlicher und globaler Probleme darstellt. Wir haben im Laufe der jüngeren Menschheitsgeschichte auch verlernt, mit der Welt zu fühlen. Wir müssen diese Fähigkeit wiederentdecken, um den aktuellen Herausforderungen begegnen zu können.
Kommentar zum Buch vom alma mundi Team: Nach vielen Jahren der Abwertung des „Gefühls“, erkennt die Wissenschaft langsam wieder an, wie wichtig diese menschliche Ebene für unser gesellschaftliches Miteinander sein kann. Joachim Bauer hat schon mit früheren Werken gezeigt, dass er sich als Wissenschaftler traut über Themen zu schreiben, die sich in den Grenzbereichen von menschlicher Subjektivität und wissenschaftlicher Faktenlage abspielen. Es rufen alle nach neuen Ideen, Projekten und Methoden um Menschheit und Erde “zu retten”, sei es vor dem Klimawandel, der Ökologischen- oder der Corona-Krise, dabei liegt das eigentlich revolutionäre ganz nahe und jeder hat es mehr oder weniger: Empathie. Was steckt hinter dieser „Seelenfähigkeit“? Warum ist sie so revolutionär? Was passiert körperlich und atmosphärisch, wenn wir empathisch mit anderen Menschen sind?
Es wird eins immer deutlicher: Der Empathie kommt eine zentrale Rolle zu, wenn wir die momentan erlebte Spaltung in der Bevölkerung überwinden wollen. Und Bauer geht noch weiter – das Überleben der Menschheit hängt mit der Empathie zusammen. Spannende Gedanken, Ideen und ein Buch zum mitfühlen.